Festive 500 – InOneGo 2016: Dänemark

Meine längste Tour auf dem Rennrad war bis hierhin 350 Kilometer lang. 500 Kilometer an einem Stück im Winter über Dänemark zu fahren, schien daher eine recht vernünftige Idee zu sein. Auf Facebook hatte ich eine Veranstaltung erstellt und unerwartet viel Resonanz erhalten: Gut 100 Leute waren „interessiert“. Es gab Zusagen aus Berlin, Flensburg, Niedersachsen und natürlich aus Hamburg. 15 Leute standen am 27.12.2016 tatsächlich um 18:00 Uhr am „Altonaer Balkon“ und wollten gemeinsam in die Nacht aufbrechen um die 500 Kilometer am Stück zu absolvieren.

Starterfoto am Altonaer Balkon, Foto: Rick Rider

Etappe 1: Mollys Bierstübchen

Um 18:18 ging es los. Neben den 15 offiziellen Startern bekamen wir Unterstützung von Rick Rider auf den ersten 65 Kilometern bis Brokstedt wo unser erster Stopp geplant war. Der recherchierte Döner-Laden war jedoch nicht zu finden, sodass wir unsere Flaschen bei „Mollys Bierstübchen“ auftankten. Auch gut. Rick Rider drehte ab und der Rest der Truppe zog nach 15 Minuten um 21:15 weiter gen Norden.

Kurzer Videozusammenschnitt unserer ersten Festive500 inOneGo über Dänemark.

Etappe 2: Eckernförde (Aral)

Trotz Gegenwind aus Nordwest, ging es zügig weiter. Die Berliner Jungs arbeiteten solide im Wind und ließen sich auch von der Reliefierung Schleswig-Holsteins wenig beeindrucken. Hier und da gab’s nochmal einen Hinweis für das Fahren in der Gruppe. Windkannte fahren. Nicht abreißen lassen. Wechsel nach Belgischem Kreisel. Dafür, dass wir ein bunt gemischter Haufen waren, lief es prima.

Nach 50 Kilometern erreichten wir den Nordostsee-Kanal wo wir bei Sehestedt mit der Fähre übersetzen. Eckernförde, und damit der nächste Verpflegungsstopp, waren ca. 15 Kilometer entfernt.

Alle zusammen: Tankstellen-Romantik in Eckernförde

Etappe 3: Flensburg

Nächster Halt: Flensburg. Ich ging ehrlich gesagt davon aus, dass sich spätestens hier, nach gut 180 Kilometern, das Feld deutlich ausdünnen würde. Zum einen beginnt bei dieser Entfernung langsam die Langstrecke und Kräfte lassen nach, zum anderen gab es zwei Flensburger die quasi an ihrer Haustür vorbei fuhren (welch Verführung!) und zum Dritten war dies die letzte einfache Möglichkeit umzukehren und z.B. mit der Bahn den Rückweg anzutreten. Aus Dänemark, insbesondere nach der ersten Fährüberfahrt, wäre eine Rückkehr viel aufwändiger geworden. In Flensburg angekommen steuerten wir eine Shell-Tankstelle an. Zu allem Überfluss lag die oben auf einem „Berg“ und hatte nur den Nachtschalter geöffnet. 30 Minuten lang standen wir in der Kälte. Und als es um 03:30 weiter ging zeigte sich, wie richtig ich mit meiner Vermutung lag: komplett daneben. Alle waren weiterhin an Bord und steuerten die deutsch-dänische Grenze an.

Shell Flensburg gegen 03:15

Etappe 4: Fynshav

Aufgrund der sogenannten „Flüchtlingskriese“ gab es an der deutsch-dänischen Grenze eine Kontrolle. Ohne unsere Pässe sehen zu wollen wurden wir durchgewinkt mit den Worten „Wie Flüchtlinge seht ihr ja nicht aus“ – ich war nicht in der Stimmung mit einem dänischen Grenzer in der Nacht zu diskutieren und versuchte die Bemerkung zu ignorieren. Kurz hinter der Grenze stellte sich das typische Dänemark-Gefühl ein. Urlaub mitten in der Nacht. Wir bogen nach Osten ab und hatten nun leichten Rückenwind. Als Ausgleich dafür waren die Straßen nass. Wir durchquerten kleine Orte, Weihnachtsdekoration leuchtete in den Gärten, immer wieder zog eine weiß gekalkte Kirche in der Ferne vorbei. So erreichten wir – wie im Flug – planmäßig unsere Fähre nach knapp 240 Kilometern.

Etappe 5: Fyn, Tåsinge und Langeland

Die Fährüberfahrt von Fynshav nach Bøjden bot uns eine gut 40 minütige Pause. Auf Fyn angekommen, konnten wir weiter vom Rückenwind profitieren und lagen gut im Plan. Wir fuhren in einen wunderschönen Sonnenaufgang. Allerdings wachten die Dänen nun langsam auf auf und der Verkehr auf den Straßen nahm zu. Da die dänischen Autofahrer offensichtlich im Post-Weihnachtsstress waren, gab es auch für uns immer wieder stressige Momente.

Mit feinstem Split waren die Radwege für den Winter und gegen Radfahrer präpariert. Dieser Split bohrte sich zuverlässig durch jeden Mantel. So hatten wir mehrere Platten, verpassten die geplante Fähre nach Lolland und hatten eine unnötig lange Pause.

Etappe 6: Über Lolland nach Rødby

Nach der Fähre von Langeland fuhren wir, weiterhin mit Rückenwind, über das eher flache Lolland bis Rødby. 345 Kilometer zeigte das Garmin an und 14:30 stand auf der Uhr als unsere Fähre von Rødby nach Puttgarden ablegte und wir den Dänemark-Teil abgeschlossen hatten. Die knapp einstündige Fährüberfahrt nutzen wir zur Nahrungsaufnahme und für Regenerations-Versuchen. Powernapping funktionierte aber nur mäßig auf dem Schiff.

Etappe 7: Fehmarn-Eutin

Auf Fehmarn angekommen, begann nun leider die Dezimierung. Immerhin waren wir 345 Kilometer in einer Gruppe zusammen gefahren. Das hatte ich beim besten Willen nicht erwartet. In Burg auf Fehmarn setze sich der erste in den Zug. Gut nachvollziehbar und trotzdem schade. Die restliche Truppe fuhr vorerst gemeinsam weiter, nun mit klarer Südrichtung und erneut in den Gegenwind. Inzwischen zeigten sich unterschiedliche Geschwindigkeitsbedürfnisse, sodass wir kurz darauf zwei Gruppen bildeten. Meine Gruppe fuhr noch zu neunt weiter. Die Berliner, die Flensburger, Sebastian, Michael und ich.

In dieser kleineren und zügigeren Gruppe wurde es kräftezehrend. Der Gegenwind ließ zwar nach, wurde aber dafür aber ersetzt durch die junge Grundmoränenlandschaft der letzten Eiszeit. Touristisch vermarktet unter dem Begriff „Holsteinische Schweiz“. Das Dumme an den Hügeln war, dass sich ein Kräftedefizit nicht durch Windschatten kompensieren ließ. Jeder kämpfte für sich allein.

Etappe 8: Eutin-Hamburg

In Eutin kamen wir gegen 18:45 an. Es war wieder Aral-Tankstellenstopp angesagt: Cola, Redbull und Brötchen. Trotzdem dünnte sich unser Grüppchen leider ein letztes mal aus. Die Jungs aus Flensburg stiegen in die Bahn und ließen uns zu sechst weiterziehen. Noch gut 100 Kilometern lagen vor uns. Ich war gut fertig und zugleich motiviert.

Weiter fahren. Fahren, fahren, fahren. Wieder in die Dunkelheit eintauchen. Um ca. 21:15 kommen wir nach Benstaben. Ein kleiner, eigentlich unbedeutender Ort. Gerade wollen wir abbiegen, da kommt uns eine Radfahrerin entgegen: Carola!
Carola ist uns von Bad-Oldesloe entgegen gefahren um uns bis nach Hamburg zu begleiten. Was für eine großartige Aktion. Freude. Ich werde wieder fitter, bin aber auch dankbar dafür mich in Caroloas Windschatten hängen zu können.

Um 22:40, nach ziemlich genau 500 Kilometern, queren wir die Bundeslandgrenze nach Hamburg. In Poppenbüttel machen wir noch ein Abschlussfoto und verabschieden uns.

Finisher-Foto in Poppenbüttel. vlnr.: Rouven, Michael, Sebastian, Gerald, Simon, Sascha. Foto: Carola

Nach 52 Kilometern und gut 30 Stunden biege ich um 23:58 in die Stahltwiete ein. Mein Mann wartet im warmen Zuhause auf mich. Das mit dem Schlafen, klappt jetzt ganz gut.

Fazit

Dass aus diesem Event eine Tradition entstehen würde, hätte ich am Anfang nie gedacht. Auch nicht, dass sich aus dieser Tour eine coole Freundschaft und Verbindung zwischen einer Hamburger und Berliner Langstrecken-Rennrad-Fraktion bilden würde, die immer wieder sehr schöne Touren zusammen unternimmt – nicht nur im Winter.

Danke an alle. Es war fantastisch!

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