Dänemark – Schweden

1000 Km-Radreise von Hamburg über Jütland und Südschweden mit Malte.

Preface

Diese kleine und nette Reise habe ich mit meinem guten Freund und Kommilitonen Malte gemacht (hoffentlich nicht die letzte). Weil ich so schreibfaul bin, hab ich ihn auch gleich darum gebeten ein paar Zeilen dazu zu schreiben. Malte-typisch sind dabei über 1300 Wörter herausgekommen.. viel Spaß beim Lesen und Dank an Malte!

Route

Jütland

Endlich geht’s los. Es ist Freitag, Maltes erste und Simons x-te Radtour beginnt mit Sonnenschein und zwei übermotivierten Radlern.

Ab Elmshorn fahren wir die Elbe in Richtung Nordsee, der Fluss wird breiter und breiter, wir machen ein paar Pausen, z.B. im pittoresken Glückstadt und finden uns toll ob des tollen Wetters, Wettrennen mit dicken Elb-Pötten. Unsere erste Nacht verbringen wir noch in Deutschland, hinterm Deich am Eidersperrwerk. Die Dorfjugend jagt mit komischen Autos unweit unseres wilden Zeltplatzes über die Landstraße. Wir schlafen trotzdem gut, immerhin sind die ersten 116 km hinter uns.

Samstag dann am Deich entlang nach Dänemark. Es windet ein bisschen, diszipliniert überwinden wir dies kleine Hindernis, vorbei an Schafen, einer kleinen Schleuse, einer großen, Schafen und – genau, Schafen. Unser Führer Overnatning in det Fri erzählt uns von einem kleinen Zeltplatz im Landesinnern – den es nicht gibt. Dafür beginnt es zu dämmern. Trotzdem hängen wir noch 20 km an unseren erschöpften Tag, zurück zum Meer, was sich lohnen soll: mit der untergehenden Sonne erreichen wir eine Wiese oberhalb einer steilen Sanddüne. Den Platz müssen wir uns zwar mit anderen Wildcampern teilen. Macht aber nix. Es ist schweinekalt und wir wollen so schnell wie möglich ins Zelt.

Sonntag. Wir bleiben an der Küste, sehen nicht mehr so viele Schafe, hier ist mehr der Touri auf dem Deich zu Hause. Malte hat die brillante Idee Römö zu besuchen. Der kleine Abstecher stellt sich als 30-Kilometer-Umweg heraus. Und am Strand sind so viele Autos, dass sich der Charme eines schlecht ausgelasteten, überdimensionierten Parkplatzes unmittelbar einstellt. Der Wind hat auch kein Erbarmen; kalt weht er über die Sand-Stahl-Wüste. Wir suchen den Windschatten eines Autos zum Nudelnkochen. Wie romantisch. Ins Wasser gehe ich natürlich trotzdem, wäre doch gelacht. Ha! Trotz Wind kommen wir noch ganz gut nordwärts, finden einen Platz für unser Zelt neben einer Fischzucht. Morgens kommen die Dänen in dicken Autos vorgefahren – und auch dicke Deutsche. Wir fahren lieber. Warm ist es auch nicht gerade.

Heute soll die letzte Etappe vorm ersten Ruhetag sein, den wir bei anderen Geographen in einem schönen Ferienhaus mit Warmwasserdusche einlegen wollen. Meine Freundin ist auch da und hat einen undeutlichen Plan übers Internet geschickt. Für den Notfall: Telefonieren. Wir kommen zur Nehrung die den Ringkøbing Fjord von der Nordsee trennt – der Wind pustet uns fast wieder ins Landesinnere. Tapfer, windschattenfahrend kämpfen wir uns Meter für Meter Richtung Norden, verputzen unsere Schokoladenvorräte und sind rot im Gesicht vor Anstrengung und Kälte.

Am nördlichsten Ende des Landstreifens fahren wir ein paar Kilometer landeinwärts ohne zu treten – der Wind pustet uns von der Küste weg. Immer näher kommen wir unserem heutigen Ziel langsamer zwar, als geplant, aber immerhin. Dann mal ein Traktor vor uns. Beim Windschatten fahren lädt der Gülleanhänger kleine und große Tropfen auf uns ab. Es stinkt.

Als die Sonne schon fast horizontal scheint, zwischen ihr und uns ein Gewitter immer näher kommt, finden wir endlich die angepeilte Straße. Dreimal fahren wir die volle Länge von drei Kilometern hoch und runter: Das beschriebene Haus finden wir nicht. Ich rufe an. Machen wir es kurz: Das Haus liegt auf dem südlichen Drittel der Ringkøbing-Nehrung; wir sind am Vormittag dort vorbeigekommen. Es ist jetzt nass, kalt, unsere Beine tun weh. Schließlich lassen wir uns doch abholen mit einem Auto und den ganzen Weg zurückfahren. Frustrierend, 70 von 100 Kilometern umsonst gefahren.

Im Haus ist es warm und doch wirkt es nicht unbedingt, als hätten alle auf uns gewartet. Gut zu Essen gibt es hier, selbst gefangenen Fisch zum Beispiel.

Am nächsten Tag gehen wir an den Strand, lassen Drachen steigen. Wir verwerfen die Idee, noch am Nachmittag wieder aufzubrechen, da ich noch eine Nacht bleiben will.

Am folgenden Vormittag geht’s dafür früh los, wieder die Ringkøbing-Nehrung hoch, heute ist nicht ganz so starker Wind. Wir entscheiden uns spontan, noch nach Schweden zu wollen und machen uns auf dem Weg nach Greena, dort fährt eine Fähre nach Varberg. Quer durch Dänemark heißt das für unsere Route, leicht nach Norden ausgerichtet. Unser Radweg zieht sich heute schnurgerade durchs Land, sanfte Kurven, wir fahren lange Strecken auf einem alten Bahndamm, Dänemark wirkt streckenweise richtig weit und einsam, tolle Farben heute.

Erst nach 170 Kilometern ist heute für uns Schluss – unsere längste und mit einem Schnitt von 22,4 km/h auch schnellste Etappe. Es wird nach leichtem Regen mit tollen Regenbögen jetzt schnell dunkel und kalt. Simon findet den perfekten Zeltplatz am Rande eines kleinen Waldstücks.

Donnerstag. Heute ist unser siebter Tag und wir stehen sehr diszipliniert auf, wollen doch schließlich eine Fähre erreichen, 14:45 ab Greena. Wir schätzen noch maximal 80 Kilometer bis dort. Es sind genau 80. Unsere 30 Minuten Pufferzeit verbringe ich bei leichtem Regen am Straßenrand mit Schlauch flicken. Wir schaffen es gerade rechtzeitig.

Ein wenig überrascht von den bevorstehenden vier Stunden Fahrtzeit, besuchen wir das Bordkino und gucken mit den anwesenden Truckern Hitch, der Date-Doktor. Toller Film.

Südschweden

Gut ausgeruht kommen wir in Varberg an, besuchen erstmal das Schloss. Die Sonne macht schon erste Anstalten unterzugehen. Eigentlich ist heute perfektes Radfahrwetter, kein Regen, nicht zu kalt, kaum Wind. Simon will noch weit fahren. Ich fühle mich komisch, esse die verbleibenden Schokoladenvorräte und fühle mich zehn Minuten später schon wieder zum Umfallen schwach. Schon 38 Kilometer von Varberg suchen wir einen Zeltplatz am Strand. Der tolle Kocher kocht uns Nudeln.

Am nächsten Morgen ist das Zelt nass, es weht recht stark von Süden und wir verschlafen. Ich will unbedingt ins Wasser, kann mich erst im vierten Anlauf überwinden. Simon mag gar nicht aufstehen. Am späten Mittag kommen wir endlich los. Immer noch mit dem Plan heute knapp 200 km fahren zu wollen.

Anfangs kommen wir doch ganz gut vorwärts, Schweden ist in diesem Teil recht öde anzugucken, kaufen unterwegs Postkarten und schreiben sie in der schon tief stehenden Sonne am Strand, nach gerade 70 Kilometern. Nach einer einstündigen Auffahrt auf den einzigen wirklichen Berg auf unserer Strecke, folgt eine sanfte, halbstündige Abfahrt. Als wir nach dem Berg an einer Tankstelle nach der Entfernung nach Trelleborg fragen, bescheidet man uns knapp mit 20 schwedischen Meilen. 200 km heißt das. Wir lachen herzlich und ziehen weiter.

Mit dem Sonnenuntergang wird der Wind stärker, richtiger Regen kommt auf. Wir packen uns wasserdicht ein. Weiter. Stunde um Stunde sinkt unser Schnitt, nach zwölf quälen wir uns nur noch mit knapp 14 km/h die leeren Straßen zwischen leeren Feldern entlang. Simon sagt, dass er wirklich nicht glaubt, dass wir es noch schaffen. Ich will jedoch die Fähre am nächsten Morgen erreichen, will weiter.

Halb zwei Uhr nachts sehe auch ich die Sinnlosigkeit des Unterfanges endlich ein, wir suchen einen Zeltplatz zwischen all den Feldern, finden eine dreckige Feldecke mit unzähligen, scharfkantigen Steinen. Bleiben trotzdem. Um 2 endet diese Etappe nach 9 Stunden reiner Fahrtzeit – in denen wir mit einem Schnitt von 16,7 km/h nur 148 Kilometer geschafft haben.

Natürlich schlafen wir aus. Mittags kommt die Sonne und verlässt uns nicht mehr. Wir machen eine Nachmittags-Pause im malerischen Lund, essen Falafel. Es sind nicht nur noch 50 km bis Trelleborg – es sind 85. Am frühen Abend kommen wir an und lachen die Dame am Schalter aus: 60 Euro pro Person für die Nachtfähre. Wir überlegen verschiedene Alternativen, Aline [Amerkung von Simon: Maltes Freundin] guckt zu Hause im Internet. Zwei Stunden später schlagen wir unser Zelt 100 Meter vom Anleger, zwischen zwei Strassen auf. Es ist laut.

Sonntag. Wir nehmen die 10-Uhr-Fähre für 12 Euro. Auf Deck machen wir lärmbelästigende Bekanntschaft einer riesigen Männerfreizeitgruppe. Unter Deck gibt es statt dem versprochenen Film Formel 1 in voller Länge. Für Simon und mich das erste Mal – und das letzte. Am Ende können wir nicht mal mehr über die Stupidität der ganzen Angelegenheit lachen. 17:45 Uhr kommen wir in Travemünde an, 30 Kilometer sind es bis Reinfeld, erste Stadt im HVV-Tarifbereich. Hier sind unglaublich viele Autos auf der Straße. In Reinfeld verpassen wir natürlich einen Zug knapp, kommen schließlich gegen 21:00 in HH an.

The End

1033 Kilometer liegen hinter uns, 1000 gefahren in acht von unseren zehn Reisetagen. Was also 125 Kilometern pro Tag entspricht. Meine erste Radtour und ich bin schon ein wenig stolz. Simon lächelt weise. Wir sind beide ganz zufrieden mit unserer kleinen Testfahrt zur geplanten Weltumrundung :). Feste Vornahmen: Nie wieder in ein Auto mit dem Rad und: Keinen Zeitdruck machen. Einen Monat später wird mein Rad geklaut.

Simon auf Deck der Fähre von Trelleborg nach Travemünde

Nachtrag von Simon

So, jetzt ist es 3:06 Uhr, Mittwoch morgen im November 2005. Endlich habe ich es mit Maltes Hilfe geschafft diese Reise hier ein bisschen zu dokumentieren…

Und trotz tendenzieller Minusgrade auf meinem Balkon: Beim Lesen des Textes von Malte bekomme ich richtig wieder Lust loszufahren. Sofort. Leider geht das nicht. Aber wie eingangs erwähnt: Ich hoffe es war nicht die letzte Reise mit Malte… und außerdem müssen wir ja für die Weltreise trainieren:)

Schreibe einen Kommentar